Twittern im Terminal mit Oysttyer
Geschrieben von Mario Hommel amIch bin im Bezug auf Twitter-Clients für den PC sehr experimentierfreudig. Hier ist die Auswahl für Linux-Nutzer nicht so üppig. Schon vor einiger Zeit bin ich hierbei auf das Perl-Skript "TTYtter" gestossen. Das Skript ist ein vollwertiger Twitter-Client für die Textkonsole. Leider hat der Entwickler die aktive Arbeit an TTYtter in 2012 beendet, dennoch war und ist das Skript noch nutzbar.
Erfreulicherweise hat sich jetzt ein neues Opensource Projekt der Sache angenommen und mit Oysttyer einen Nachfolger veröffentlicht, der jetzt auch aktiv gepflegt wird und neue Twitter-Features einbindet.
Die Installation besteht daraus, das Skript auf den lokalen Rechner zu kopieren und mit "perl ./oysttyer.pl" zu starten. In einer "~/.oysttyerrc" kann man Voreinstellungen für das Skript festlegen, diese können aber auch während der Laufzeit gesetzt und geändert werden.
Meine .oysttyerrc sieht zum Beispiel so aus:
# Die Daten für meine erstellte Twitter-App oauthkey=XXXXX oauthsecret=XXXXXX # Farbe für ansifähige Terminals einschalten ansi=1 # Neue Zeilen in Tweets erlauben newline=1 # Nach 120 Zeichen umbrechen (je nach Bildschirmgröße verwenden) wrap=120 # Pflicht, sonst geht die Twitter-API nicht ssl=1 # Nutzung des Echtzeit-Streamings dostream=1 # Beim Start auf neue Version prüfen vcheck=1
Die Entwickler empfehlen zur Zeit, eine eigenen Anwendungskey für Oysttyer zu erstellen, da der mitgelieferte Key von Twitter öfter gesperrt wird. Das ist aber schnell erledigt und dürfte für die Zielgruppe (Terminal-User) kein Problem darstellen. Beim ersten Start erfolgt die Autorisierung mittels OAuth, die auch bekannt sein dürfte.
Nach dem Start wird die Timeline angezeigt und in Realtime aktualisiert, wenn man den obigen Parameter gesetzt hat. Jeder Tweet bekommt einen "Menücode", der dann als Platzhalter für den Tweet in den Befehlen dient.
g9> <apfelnase> #DoctorWho #JETZT!
Nach dem Menücode (hier "g9") sieht man das Twitter-Handle des Autors und danach den Tweet-Text. Vor dem Twitter-Handle können noch spezielle Zeichen stehen, die bestimmte Tweetarten anzeigen.
d4> <%heartcrazed> RT @gerritvanaaken: Über „Design“ gebloggt: http://praegnanz.de/weblog/designer-artikel-ueber-design-artikel
Der Autor hat etwas retweetet (% vor dem Twitter-Handle), wen und was folgt dann.
d7> <+mspro> das neuerliche „comeback“ der newsletter verdankt sich reiner dreistigkeit.
Der Tweet enthält Geo-Daten (+ vor dem Twitter-Handle), die über den Befehl /du <Menücode> abgefragt werden können.
b4> <"SirTomate> Nicht mitmachen. Ich will die Minidrone haben. https://twitter.com/Pixelaffe/status/690803220487213056 b5> (x2) <↑Pixelaffe> Nur noch wenige Tage - Verlosung: Alcatel OneTouch Go Play + Parrot Airborne Cargo Drohne - http://bit.ly/1PfguKI https://pbs.twimg.com/media/CZY53mrXEAAq12T.png
Das ist so ein neumodischer Retweet mit Kommentar, zu erkennen am " vor dem Twitter-Handle und danach der kommentierte Tweet im Wortlaut, mit dem ↑.
d1> <+@uniwave> Oder auch so. https://pbs.twimg.com/media/CZZ519UW0AEZAPN.jpg
Am @ vor dem Twitter-Handle erkennt man, dass es sich um einen Antwort-Tweet handelt. Den ganzen Thread sieht man mit /th <Menücode>.
Erstmal ist alles, was man im Terminal tippt und mit <Enter> abschliesst, ein Tweet. Eine neue Zeile innerhalb eines Tweets erhält man mit \n. Ausnahme ist die Eingabe von Befehlen, die immer mit einem "/" beginnen. So gibt "/help" eine kurze Befehlsreferenz mit den wichtigsten Kommandos aus.
Die Befehle decken so ziemlich alle Funktionen ab, die man in Twitter so braucht. Follower- und Listenmanagement sind kein Problem. Retweeten, Liken, Replien und DMs funktionieren prima, sogar das relativ neue kommentierte Retweeten funktioniert.
Die Suchfunktion ist über /search zu erreichen. Außerdem kann man bestimmte Suchbegriffe (respektive Hashtags) mittels /tron oder /troff in die Timeline einspielen oder wieder entfernen.
Das ganze ist natürlich schon etwas nerdig, aber macht Spaß und ist eine gute Alternative, wenn man gern am Terminal arbeitet. Natürlich werden in der Timeline keine Bilder angezeigt. Diese, wie auch Links zu Internetseiten müssen mit externen Tools aufgerufen werden. So kann man zum Beispiel in "Konsole", dem Terminal der KDE Umgebung mit einem Rechtsklick auf einen Link diesen im Browser öffnen. Alternativ ruft /url <Menücode> alle Links des Tweets im Standardbrowser der Umgebung auf (das könnte auch der Textbrowser Lynks sein).
Neben dem interaktiven Modus kann Oysttyer auch im Skripting-Modus genutzt werden, so kann man zum Beispiel mit "perl ./oysttyer.pl -status "Dies ist ein Tweet."" einen Tweet absetzen. Das eröffnet natürlich noch mehr Möglichkeiten, das Perlskript zu nutzen.
Die Dokumentation des Oysttyer-Projekts ist noch etwas dünn. Allerdings kann man immer noch die alte Dokumentation von TTYtter nutzen, die auch mit Oysttyer noch funktioniert.
Was meint ihr, ist so ein textbasierter Client noch zeitgemäß oder doch nur Nerdstuff?
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